Eisenspähne

Am Ende des Tages

Am Ende des Tages legt der Arbeiter die Sichel aus der Hand, kratzt sich dreimal über die Nase, zuckt mit dem Mundwinkel. Dann tut er einen Luftsprung, dass ihm das Holzbein weg fliegt, wirft die Arme in die Luft und hüpft frohen Mutes nach Hause zu Frau und Kind, Geliebter und jung gebliebenen Eltern. Und wenn vor seiner Türschwelle der Pastor hockt, dann nickt er freundlich und lässt sich doch nicht beirren. Ein Schnippchen geschlagen hat er dem Herrn Pastor sowieso, denn er wählt liberal. Sollen die Pfaffen doch sehen wo sie bleiben! Und was dem hohen Herrn dort auf der Schwelle der Messwein, das ist dem ehrlichen Arbeiter das Feierabendbier, das er sich wohlfeil zwischen beide Zahnreihen gießt, bis die Frau ihm zur feierabendlichen Entspannung mit dem großen Holzlöffel den Hinterkopf massiert, während die Geliebte mit dem Großvater sich im Wandschrank vergnügt bis beide juchzen und singen. Denn des kleinen Mannes Freude ist die Lust des Körpers und wer dafür nicht bezahlen kann, der muss eben nehmen was er kriegt. Das leere Bierglas wirft man mit Schwung nach dem Kinde, das kein Heiland mehr werden wird für diese Welt, denn der elterlichen Fürsorge obliegt die Entwicklung der Reflexe. Seit Tagen schon kreisen die Pädagogen über den Dörfern und krächzen aus Leibeskräften und schreien von den Dächern, dass man seinen eigenen Gedanken nicht mehr verstehen kann. Sie schreien einander an und übereinander hinweg, dass das Kind sich nicht richtig bewegen kann, sondern geschoben werden muss, sehr zum Verdruss der Schuhindustrie. Eltern, die ihren Kindern keine Schuhe kaufen, gehören eingesperrt. Draußen wird es still. Die Schwarmintelliganz hat sich verzogen. Einzig ein leises Kratzen an der Tür ist noch zu vernehmen. Es ist das Kratzen des Pastors, ob er nicht das Kind mitnehmen dürfe, zur guten christlichen Erziehung, in der die obersten Gebote Gehorsam und Demut sind. Die Kirche hat Erfahrung mit Kindern, die keine Schuhe haben. Das Kind träumt von Schuhen, damit es über die Scherben des väterlichen Bierglases wandeln kann, wie Jesus über das Wasser und blickt sehnsüchtig zum Fenster, bis die Großmutter es mit lautem Krachen zuschlägt. Dann reißt das Mütterlein die Tür auf, bläht die Backen und pustet den kinderlieben Pfaffen von der Schwelle hinaus in die Landschaft. Schwindelig geworden von der Anstrengung muss sie von der Mutter geschultert und nach oben getragen werden, vorbei am juchzenden Wandschrank und dem schuhlosen Erben ihrer Überzeugungen.